Auszug aus: "Klangfarbe" in Partituren Heft 2-2007 von DANIELA BREITBART

 

.............. Sie (die Kinder Streichinstrumente) tragen Bezeichnungen, die ein ausgeklügeltes mathematisch-technisches System vermuten lassen: Viertel-Geige, halbe Bratsche, Dreiviertel - Cello – doch weit gefehlt. Woher gerade diese Bezeichnungen kommen, weiß niemand so genau.

Sicher ist jedenfalls, dass sie nicht das Größenverhältnis des kleinen zum (normal) großen Instrument wiedergeben. So misst eine Dreiviertel - Geige nicht etwa 75 Prozent einer „ganzen“ Geige, sondern, so der Memminger Geigenbauer Fridolin Rusch, ungefähr 91 Prozent, und im selben Verhältnis steht auch die halbe zur Dreiviertel-, die Achtel- zur Viertel- und die Sechzehntel- zur Achtelgeige. Nur der Sprung von der halben zur Viertelgeige ist doppelt so groß – warum das so ist, kann niemand erklären. Schon die „Alten“ machten es so. Zudem ist halbe Geige nicht gleich halbe Geige, weil auch die „ganzen“ Instrumente nicht wirklich genormt sind – wobei als Richtmaß der Korpuslänge jene 35,5 Zentimeter gelten, die angeblich Stradivari festgeschrieben hat.

Noch komplizierter als bei Geige und Cello ist die Lage bei der Bratsche, deren Normal-Umfang bereits zwischen 38 und 43 Zentimetern schwankt; in den USA gibt es sogar noch größere Instrumente – „the bigger, the better“. Bratschen für Kinder herzustellen ist vor allem deshalb schwierig, weil die Bratsche einen gewissen Klang- oder Resonanzraum braucht. Dennoch gibt es in Deutschland Kinderbratschen ab einer Korpuslänge von 27 Zentimetern. Noch kleinere Bratschen stellen die cleveren Schweizer her, indem sie halbe Geigen mit Bratschensaiten beziehen und diese dann „halbe Bratschen“ nennen.

Maßgemauschel

Und wie steht es mit der Klangqualität der Junior-Instrumente? Kinderinstrumente sind Lebensabschnittsgefährten. Wächst der junge Künstler, die kleine Virtuosin, wird das Instrument ausgetauscht. Da ist es nur verständlich, dass Eltern auf eine individuell gefertigte Geige verzichten und auf ein billigeres, weil massenproduziertes Instrument etwa aus China zurückgreifen, das wenigstens den Mindestansprüchen – gute Stimmbarkeit, angepasste Saitenabstände und richtige Stegrundungen – gerecht wird. Von solchen Kompromissen will Fridolin Rusch nichts wissen. Er baut jede kleine Geige, jedes Mini-Cello mit derselben Sorgfalt und Liebe, die er auch in den Bau der „Großen“ steckt. Seine These: Nur ein gutes Instrument wird das junge Talent zum Weitermachen motivieren. Jedes seiner Instrumente, ob klein oder groß, ist ein Unikat. Auch klanglich nimmt Rusch keine Abstriche in Kauf: Den kürzeren Körper der kleinen Geige etwa, der einen geringeren Resonanzraum bedingt, gleicht er aus, indem er das Instrument einfach ein bisschen breiter baut. Für den Instrumentenerwerb hat sich ein Miet-Kauf - System bewährt: Die erste Geige wird zunächst für eine – meist einjährige – Erprobungsphase gemietet; bleibt das Kind dabei, wird das Instrument gekauft und die Miete vollständig angerechnet. Rusch hält den Kauf des Kinderinstruments für ein wichtiges Signal, gibt er doch dem Kind das Gefühl, dass es mit seiner Liebe zur Musik ernst genommen wird. Ist der kleine Künstler dann dem Instrument entwachsen, wird die alte für die nächstgrößere Geige in Zahlung genommen. Der Erfolg gibt Rusch Recht: Auf 20 vermietete kommen bei ihm 100 verkaufte Kindergeigen.

Weil die Musizieranfänger immer jünger werden, steigt auch die Nachfrage nach Kinderinstrumenten. Die Kleinen sind meist fünf bis acht Jahre alt, wenn sie sich für ihre erste Geige interessieren, selten kommen auch drei- oder vierjährige „Kunden“. Die meisten Kinder beginnen mit der Achtel-Geige und durchlaufen alle Größen-Stufen bis zur „ganzen“ Geige. Das kleinste Instrument, das Fridolin Rusch verkauft hat? „Eine 1/32-Geige, für einen besonders kleinen  Junggeiger.“ ..............

See the original article here:

„Klangfarbe“ in Partituren Heft 2-2007

The Strad, Issue March 2008, „My Space“

Süddeutsche Zeitung (folgt in Kürze)

Rheinischer Merkur (folgt in Kürze)

Tölzer Kurier (folgt in Kürze)

u.v.m